Rundgang

Was die Kreuzkirche ohne Worte erzählt

Herzlich willkommen zu unserem Kirchenrundgang

Im Sommer: Jugendliche fahren mit der Klasse zum Zelten an irgendeinen See, Ältere sitzen im eigenen Garten unter einem „Pavillon“, manche planen einen Campingurlaub. …

Und wie ein Zeltdach spannt sich die Decke der Kreuzkirche über uns, wenn wir Gottesdienst feiern.

Die Botschaft, die unsre Kirche uns damit sagen will, ist die:

Gott zeltet mitten unter uns – da wo wir unsre „Häuser“, unsre eingefahrenen Gleise, unsre vorgefertigten Meinungen verlassen, wo wir uns hinter den Mauern unseres Herzens hervorlocken lassen.

In der Bibel heißt es über Jesus:

„Und das Wort Gottes wurde Mensch und zeltete unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.“ (Johannes-Evangelium Kapitel 1, Vers 14).

Gott macht keine leeren Worte, er wird Mensch wie wir, wird unser Nachbar. Martin Luther übersetzte „..und wohnte unter uns“. Im griechischen Original steht „..zeltete unter uns“. Im Zelt ist man nicht so geschützt wie in einem Haus, aber man erlebt die Schöpfung ganz unmittelbar, hört mehr voneinander, begegnet sich eher…mit allen guten und auch allen schwierigen Seiten.

So teilt Gott unser Leben, sagt das „Kirchenzelt“. Gerade auch das Leben der Menschen, die ohne Dach über dem Kopf dastehen und aus Not in Zelten leben müssen. Gerade auch das Leben derer, die in unsrer Nachbarschaft nicht fröhlich in den Urlaub fahren können, weil sie ohne Arbeit sind und in eine ungewisse Zukunft blicken. All das bleibt für uns Christen unter dem „Kirchenzelt“ eine Herausforderung zum Beten und zum praktischen Helfen.

Denn das „Kirchenzelt“ erinnert uns auch an Abraham und Sarah, die ihr Leben lang im Glauben unterwegs waren und als Nomaden in Zelten lebten. Wir sind eingeladen, im Glauben wie Nomaden zu sein, bereit zum Aufbruch ins Neuland, bereit zum Wagnis der Liebe, bereit mit Hoffnung in die Zukunft zu schauen. Denn uns allen gilt Gottes Versprechen:

„Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein.“ (1. Mose 12, Vers 2).

Herzlich willkommen im „Kirchenzelt“ in Ihrer Nachbarschaft!

„Ehe heute der Hahn kräht, wirst du dreimal leugnen, dass du mich kennst“, sagt Jesus in der Nacht seiner Gefangennahme zu seinem Freund Petrus. Der krähende Hahn auf unserem Kirchturm erinnert noch heute daran – wie nahe auch den Glaubenden menschliche Schwäche, Angst und Schuldig-Werden sein können und was uns im Leben manchmal zerbricht an Freundschaft und Vertrauen.

Gut, dass wir Jesus als großen Bruder an unsrer Seite haben, der bei Gott ein gutes Wort für uns einlegt . Bevor Petrus und Jesus als Freunde auseinander gerissen werden, sagt Jesus zu ihm: „Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.“ (Lukas 22, 32)

Der krähende Hahn erinnert an die dunkle Stunde.

Jesus schreit am Karfreitag am Kreuz: Mein Gott, warum hast du mich verlassen? So wie nach schweren Schicksalsschlägen Menschen schreien: Gott, warum? Es gibt im Glauben auch eine Untröstlichkeit, die sich nicht abfindet. Mit ihr stehen wir aber dichter bei Jesus als die ihrer Sache so sicheren „Gotteskrieger“, seien sie christlicher oder muslimischer Herkunft, die meinen, Gottes Pläne mit der Menschheit zu kennen.

Der krähende Hahn erinnert uns daran, auf dem Teppich zu bleiben, bei dem was wir planen, versprechen und erstreben. Demut – war ein oft gehörtes Wort nach der Tsunami-Katastrophe Weihnachten 2004. Viele sind danach nachdenklich geworden, wie verletzlich unser Leben, wie brüchig unsre Erde ist, wie sensibel das Weltklima, wie unverantwortlich unser Raubbau, wie ungerecht der Wohlstand verteilt ist, so dass die Armen ohne Warnsystem dastanden. Aber in dem Erschrecken lag auch neu die Einsicht: Wir gehören zusammen auf dieser einen Erde und sind füreinander da.

Der krähende Hahn auf dem Turm unsrer Kreuzkirche wird uns weiter mahnen: Verleugnet nicht die Geringsten, die Christus seine Schwestern und Brüder nennt, vergesst nicht die Menschen in Not! Steht zu eurem Glauben, er gibt euch und euren Kindern Orientierung. Verleugnet nicht, worauf ihr hofft und wofür ihr betet!

Der krähende Hahn wird am Ende zum Oster – Symbol der Auferstehung – als Tier, das die Morgenröte, das Licht des neuen Tages ankündigt. Auferstehung – dass unsere Sterbenden zu einem neuen Leben bei Gott erwachen.

Auferstehung – dass auch auf unser Leid, unsere Grenzen und unsere Schuld doch der Glanz der Ostersonne fällt und wir auf(er)stehen dürfen.

Kennen Sie den Ausdruck „das A und O“? Er wird gebraucht, um etwas ganz Wichtiges zu beschreiben.

Zum Beispiel: Das A und O beim Sport ist der Teamgeist, dass einer für den anderen kämpft. Oder: Das A und O in der Erziehung von Kindern sind Vertrauen und Liebe. Oder: Das A und O beim Älterwerden ist ein Netz von Kontakten in Familie, Nachbarschaft, Freundeskreis oder Gemeinde.

Das A und O beschreibt also die Grundlage, auf der vieles andere aufbauen kann. Wie würden Sie das A und O Ihres Lebens beschreiben? Probieren Sie es einmal aus, was Ihnen jetzt für Gedanken kommen, wenn Sie den Satz zu Ende denken: Das A und O meines Lebens ist…

Manche Menschen denken noch einmal neu darüber nach: Was ist mir wirklich wichtig im Leben? Worauf kann ich auch verzichten, wie kann ich mein Leben umstellen, um neue Lebensqualität und neuen Sinn im Leben zu spüren?

Jeder von uns muss seine eigene Antwort darauf finden. Wichtig nur: Dass wir auf der Suche bleiben. Dabei hilft uns die Bibel. Aus ihr stammt nämlich das „A und O“.

Immer wenn man in die Kreuzkirche kommt, erinnert uns ein großes A und O hinter dem Altar an die Grundfrage: Wofür lebst du? Was ist dein A und O?

Alpha und Omega sind ja der erste und letzte Buchstabe des griechischen Alphabets. Diese zwei Buchstaben aus der Sprache des Neuen Testaments sprechen ohne viele Worte eine großartige Einladung aus: Gott will dein A und O sein, die gute Grundlage in deinem Leben, der Halt in Krisenzeiten und eine Orientierung in schwierigen Entscheidungen. So wie das A für den guten Anfang steht – Gott schenkt dir das Leben, er freut sich an dir und ist gespannt, was du aus deinen Begabungen machst-, so steht das O für das Ende deines Lebens, an dem der gekreuzigte und auferstandene Christus dich einst über die dunkle Schwelle des Todes sicher geleiten wird, weil er den Weg vorausging. Das Ende, das zum neuen Anfang wurde, feiern wir in der Auferstehung Jesu zu Ostern. Wo wir am Ende sind, schenkt Gott uns neue Hoffnung, einen neuen Anfang – schon jetzt mitten im Leben und auch dann, wenn wir diese Erde verlassen müssen, hinein in ein neues Leben bei Gott.

Im letzten Buch der Bibel heißt es in der Offenbarung des Johannes im 21. Kapitel, Vers 6: „Gott spricht: Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“

Wenn Sie in der Kreuzkirche sitzen, sehen Sie links vorn an der Wand eine kleine Skulptur aus Holz – Josef, Maria und das Jesus-Kind. Sie sehen da einen Vater, der hinter seinem Kind steht im wahrsten Sinne des Wortes, einen Mann, der hinter seiner Frau steht, eine Mutter, die ihrem Kind Geborgenheit schenkt, eine Frau, die Ruhe und Vertrauen ausstrahlt für alles um sie herum. Ein schönes Bild.

Aber ist das nicht eine „Heile-Welt-Idylle“, so idealisiert wie der pausbäckige Jesusknabe? Für Maria und Josef damals war die Geburt ihres Kindes in der Fremde, abgeschoben in einem Stall, harte Realität. Und auch heute ist das Zusammenleben von Frauen und Männern, von Familien mit Kindern, von Menschen, die allein leben, keine heile Welt.

Gestiftet wurde die „heilige Familie“ in der Kreuzkirche von Eltern zum Gedenken an ihren im 2.Weltkrieg umgekommenen Sohn. Dadurch wird für mich dieses sanfte Bild zu einem Schrei nach Frieden, zu einem Protestruf gegen das, was Männer und Frauen einander manchmal antun, zu einer Anklage all dessen, was Kinder in unserer Gesellschaft und weltweit leiden.

„Über denen, die wohnen im finsteren Land, scheint es hell…denn uns ist ein Kind geboren,“ sagt der Prophet Jesaja. Mitten in diese Welt wird Gottes Sohn hineingeboren, schutzlos, gefährdet, verletzlich in seiner Liebe – wie du selbst, wie deine Kinder, wie die Menschen, die dir nahe sind.

So lehrt uns das weihnachtliche Bild neu die Ehrfurcht vor dem Leben und weckt die Sehnsucht nach einem Leben ohne Gewalt, ohne die Ungerechtigkeit des Hungers, ohne die Verwahrlosung der Kleinsten.

Und: Je länger ich mir Zeit nehme, darüber nachzudenken, desto mehr enthüllt mir das Bild auch ein Versprechen: Du bist es, der sich bei Gott aufgehoben wissen darf wie ein Kind im Schoß der Mutter, liebevoll angeschaut von Gott und geborgen in seinem Wohlgefallen. Du bist gewollt und es ist gut, dass du am Leben bist!

Das ist doch das Geheimnis von Weihnachten:

Ganz Kind sein zu dürfen im Glauben an Gott und deshalb in Wahrheit erwachsen zu werden. Bei Gott ganz Kind sein zu dürfen und nachholen zu dürfen, was uns vielleicht oft gefehlt hat im Leben, um endlich auch ganz erwachsen zu sein und wirklich Verantwortung zu übernehmen für unser Leben und für diese Welt, die so nach Verantwortungsbewussten ruft.

Bei genauerem Hinschauen sehe ich, wie Maria und Josef die Augen leicht geschlossen haben, als ob sie auf eine innere Stimme lauschen.

Was sagt dir die Stimme Gottes im Herzen nicht nur zu Weihnachten? Vielleicht der Auftrag: Du, sei wie Josef. Ein anderer Mensch braucht dich! Du, sei wie Maria. Lass Gott durch deine Art zu leben zur Welt kommen. Wir alle werden gerade auch mit unseren menschlichen Stärken gebraucht, in unseren Berufen, in unseren Familien zu Hause, in unserer Nachbarschaft mit zu helfen, dass Vertrauen und Hoffnung wachsen können und Gott in dieser Welt Wohnung findet.

Wie in den meisten Kirchen ist auch in der Kreuzkirche der große Altar (lateinisch: Tisch) das zentrale Symbol, das die Aufmerksamkeit unserer Augen auf sich zieht.

Über 120 Zentner schwer, aus rötlichbraunem Wesersandstein erinnert die Höhle auf seiner Vorderseite an das Felsengrab Jesu, an das Dunkel und den Schmerz im Leben, an das, was sonst eher unter den Tisch gekehrt wird an Konflikten, an Bedrohlichem. Doch gerade an diesem Ort des Dunkels hören die Frauen am Ostermorgen die Botschaft des Engels: Fürchtet euch nicht! Es gibt ein neues Leben! Und so geht der Blick von der Höhle unwillkürlich weiter nach oben und siehe da: Der Tisch ist festlich für uns gedeckt mit Brot und Wein, geschmückt mit Kerzen und Blumen, und aufgeschlagen ist die Altarbibel.

Der große Altar-Tisch sagt: Kommt, Ihr seid eingeladen. Gott, euer Schöpfer, sorgt gut für euch. Ihr sollt nicht zu kurz kommen im Leben! „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“… „Gott, du bereitest vor mir einen Tisch.“ So drückt der Psalm 23 diese unglaubliche Gelassenheit aus. So gelassen und breit wie der Altar geduldig dort vorn all unsre Gebete und Stoßseufzer, unsre großen Wünsche und unsre Enttäuschungen sich immer wieder anhört. Eine Wohltat in Zeiten so vieler kleinlicher Ellenbogenkämpfe, aber auch echter Existenzangst und weltweiter Verteilungskämpfe.

Die Erntegaben aus den Gärten und vom Feld laden uns jedes Jahr am Erntedankfest ein zum Staunen, wie viel uns allen Widrigkeiten und allem Schweren zum Trotz immer wieder geschenkt ist zum Leben, wie viel wir Grund haben, zu danken. Und: dass wir sorgsam und gerecht umgehen mit Gottes Schöpfung, mit den Gütern der Erde, mit den Tieren, von denen wir leben, mit all den Menschen, die für uns das tägliche Brot bereitstellen

Der große Altar-Tisch sagt: Jesus als unsichtbarer Gastgeber schließt keinen aus, setzt sich mit uns an einen Tisch, auch mit denen, mit denen wir nichts anfangen können oder zerstritten sind. Jesus, dieser zauberhafte Mensch und Sohn Gottes, kriegt das hin, dass wir miteinander auskommen und auch, dass wir untereinander teilen:  beim Abendmahl das Brot und den Wein, im Alltag Freude und Leid,  Sorge um den Arbeitsplatz und Glück eines neugeborenen Babys, Trauer um den Verlust eines Menschen und Hoffnung in Tagen der Krankheit, offene Herzen und politische Phantasie.

So bringt uns der Tisch in der Kirche gestärkt ins Leben zurück und bringt die Kirchengemeinden immer neu dazu, für Menschen da zu sein, die Hilfe brauchen. Und jeden Sonntag ist für Sie in der Kirche wieder der „Tisch gedeckt“.

Wer genau hinschaut, sieht, dass die Kanzel in unserer Kreuzkirche
wie ein Schiffsbug gestaltet ist. Der Bug unserer Kanzel hat eine zweifache Botschaft für uns: „Im Sturm des Lebens geborgen – und: Auf zu neuen Ufern!“

Die Bibel erzählt, wie Jesus seine Freunde zum Aufbruch mahnt, um mit ihnen ans andere Ufer des Sees Genezareth zu segeln. Unterwegs geraten sie in einen Sturm. Die Jünger bekommen große Angst, Jesus schläft seelenruhig. Sie wecken ihn: „Meister, fragst du nicht danach, dass wir verderben?“

Die Geschichte erinnert an Krisen, an „Stürme“ in unserem Leben, wo wir das Gefühl haben, wir verlieren den Boden unter den Füßen – im Auseinanderbrechen einer Ehe oder einer langen Freundschaft, in einer schweren Krankheit, die uns Angst macht oder bei einem Konflikt auf der Arbeit, wo wir spüren, das Wasser steht uns bis zum Hals.

Und wird es uns nicht sogar durch den Klimawandel bis zum Hals stehen, nicht nur durch persönliche Stürme im Leben sondern durch extreme Wetterlagen wie beim Orkan „Kyrill“?

Schläft Jesus? Hört uns Gott, wenn wir wie die Jünger damals in unserem Gebet heute rufen?

In der Bibel heißt es, dass Jesus aufsteht und vom Bug des Schiffes aus den Sturm des Lebens zum Schweigen bringt. Damit unser Lebensschiff ruhige Fahrwasser erreicht. Damit wir einen klaren Kopf bekommen und alles tun können, um die Herausforderungen unseres Lebens zu meistern – gerade auch die großen Herausforderungen, unser Leben heute so umzustellen, dass auch unsere Enkel noch eine Zukunft auf diesem Planeten haben.

In jedem Gottesdienst können wir auf ein „Wort von Jesus aus dem Bug“ hören, finden Ruhe mitten im Sturm und einen Halt in Angst, Trost in der Trauer und neue Orientierung und Motivation. Unsere Probleme und Fragen sind oft nicht weggezaubert, aber wir brauchen uns nicht länger von Sorgen auffressen zu lassen. Wir dürfen neu Vertrauen fassen zu Jesus, der als großer Bruder, als starker Halt uns beisteht.

Und dann: Auf zu neuen Ufern! „Wenn du ein Boot bauen willst, lehre die Menschen zuerst die Sehnsucht nach dem Meer.“ Lasst uns mit der Sehnsucht nach einem neuen, ganz anderen, gelingenden und erfüllten Leben aufbrechen – einander als Gemeinde helfen, wenn wir als einzelne und in unseren Familien Neues zu bewältigen haben und manchmal auch Stürme überstehen müssen. Und lasst uns weltweit als viele einzelne die politisch Verantwortlichen nicht nur zum G8-Gipfel mahnen, die Ursachen von Armut und Zerstörung der Schöpfung endlich wirksam zu bekämpfen.

Wenn man erhobenen Hauptes nach einem Gottesdienst die Kreuzkirche verlässt, sieht man oben über dem Ausgang das große bunte Fenster – gestaltet wie ein Netz aus vielen farbigen Facetten.

Es erinnert an Petrus und die ersten Jünger von Jesus, zu denen er ins Boot steigt.

Müde saßen sie am Ufer des Sees Genezareth, hatten die ganze Nacht durchgearbeitet und doch nichts gefangen. Auch wenn sie enttäuscht waren, vom Leben nicht mehr viel erwarteten oder harte Kerle waren, die nicht unbedingt in ein Gotteshaus gingen – Jesus brauchte sie, um von anderen verstanden zu werden. Gerade von ihrem Boot aus erzählt der Mann aus Nazareth vom Reich Gottes, von einem Gott, der seine Schöpfung leidenschaftlich liebt, der die Not mit durchleidet, der neue Hoffnung schenkt und Vertrauen lehrt, auf Gottes ungeahnte Möglichkeiten.

Als „Praxis-Test“ seiner Predigt fordert Jesus den Petrus und die anderen Fischer auf, noch einmal zum Fischen hinauszufahren. Und jetzt das Überraschende: Petrus sagt nicht – wie wir es manchmal tun, wenn uns jemand neuen Mut machen will: “Nette Idee – a b e r es bringt ja doch alles nichts.“ Nein, er sagt: „Meine bisherige Erfahrung sagt mir, es hat keinen Zweck – a b e r wenn Du es sagst, Jesus, dann versuche ich es ganz neu!“

Manche von uns haben bittere Erfahrungen gemacht – mit anderen Menschen, mit ihrer Arbeitsstelle, mit der Institution Kirche oder mit dem Glauben an Gott. Manche sind vielleicht müde wie Petrus und seine Leute in der alltäglichen Mühle, empfinden ihr Leben wie leergefischt, glauben nicht mehr daran, dass in der Tiefe ihrer Seele sich noch eine lebendige Sehnsucht regen könnte.

Das bunte Netz-Kirchenfenster lädt uns ein: Gib die Hoffnung nicht auf! Verlier nicht den Mut! Lebe nicht unter deinen Möglichkeiten, die Gott in dich gelegt hat!

Denn Petrus und seine Freunde machen einen wunderbaren Fang. Ihr prall gefülltes Netz voller Fische, voller neuer positiver Erfahrungen lässt sie begreifen, was Jesus mit dem Satz meinte: „Ich bin gekommen, dass ihr das Leben in seiner ganzen Fülle habt.“ (Johannes-Evangelium, Kapitel 10, Vers 10)

Das bunte Netz-Fenster sagt: Ihr seid von Gott reich beschenkte und begabte Menschenkinder. Ihr werdet neu einen guten Fang machen im Leben und im Glauben, im Vertrauen auf Gottes Möglichkeiten. Das Netz erinnert an den Auftrag: Werdet Menschenfischer! Knüpft ein Netz von Kontakten, das euch und andere hält und Hoffnung schenkt, auch noch Hoffnung über unseren kleinen Alltag hinaus für das von Gewalt heimgesuchte Land um den See Genezareth herum.

Machen Sie mit in diesem „Netzwerk Hoffnung“ ?

Was ist das bloß für ein Glaube, der ein Folterinstrument als zentrales Zeichen in seine Kirche hängt, vielerorts noch mit dem Körper des Gequälten?

Wir haben Bilder im Kopf von Gefolterten mit ausgebreiteten Armen, den Kopf in einer Plastiktüte…

Schwer hängt das Kreuz in unserer Kreuzkirche an großen Ketten und will uns sagen: Jesus hat keinen Bogen gemacht um unser Leid, um unsere Verletzlichkeit an Leib und Seele, um unsere Krankheit, unser Sterben. Wir sind darin nicht verloren!

Das Besondere am Kreuz in unserer Kreuzkirche ist jedoch der Durchblick. So mahnt es wieder und wieder das Ende der Gewalt an und sagt: Der Erniedrigte ist d e i n Bruder, d e i n e Schwester. Und das Kreuz wagt zu sagen: Auch dein Feind, sogar der Menschenschinder bleibt ein Geschöpf Gottes, um das Gott in heiligem Zorn weint.

Das Besondere am Kreuz ist der Durchblick, weil die Liebe am Ende stärker sein wird als Schuld und Verbohrtheit und uns hilft auch unsere eigenen Schattenseiten wahrzunehmen.

Das „Kreuz mit Durchblick“ zeigt uns die Spuren des Lebens und des Leids und der Schuld. Sie sind eben nicht ausgeblendet um einer heilen Fassade oder geschönter Bilanzen willen. Es ist ehrlich.

Aber durch diese Spuren hindurch geht der Blick weiter ins Blau des Himmels - so gewiss Jesus durch den Tod hindurch auferweckt wurde in eine neue Dimension des Lebens.

Das bedenken wir in der Passionszeit und das feiern wir zu Ostern: Die tiefsten Krisen und Zweifel, die stärksten Infragestellungen, die größte Schwachheit können Geburtswehen eines neuen Lebens sein. Denn:

„Christus hat dem Tod die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht.“
(2. Timotheus Kapitel 1, Vers 10)

In der Wüste deines Alltags, in der Hitze deiner Konflikte, in der Dürre deiner Sprachlosigkeit… gibt es eine Quelle frischer Kraft aus Gottes Geist im Glauben an deine Taufe. Du darfst neu anfangen. Dir ist vergeben. Sei rein.

Das sagt die Kreuzkirche ohne Worte durch ihren Taufstein in der Form eines Brunnens

Der Prophet Jesaja sagt: „Ihr werdet mit Freude Wasser schöpfen aus den Heilsbrunnen.“ (Jesaja Kapitel 12, Vers 3)

Was sind für Sie Momente, in denen Sie Kraft schöpfen?

Im Sommer kopfüber ins kühle Nass, einen Schluck frischen Wassers genießen, im Urlaub in der Kühle eines stillen Kirchenraumes aufatmen, nach einem Krankenhausaufenthalt wieder im eigenen Garten die Blumen gießen….

Ich weiß nicht, ob Martin Luther daran gedacht hat, als er empfahl, „täglich neu in die Taufe zu kriechen.“ So wie ein Kind auf den Schoß seiner Mutter kriecht, um sich trösten zu lassen, so können wir uns neu stärken lassen, Trost empfangen und Gottes heilsame Kraft in uns aufnehmen.

Die Wasserkraft der Taufe will uns neue Energie schenken und sagt uns: „Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls, keine Laune der Natur, ganz egal ob du dein Lebenslied in Moll singst oder Dur. Du bist ein Gedanke Gottes…“

Ist das nicht herrlich? Gott würdigt unser Leben und stellt uns in eine Gemeinschaft. Menschen sind für dich da, als Paten, als Freundinnen und Freunde, als Mit-Suchende auf deinem Weg, als Geschwister im Glauben. Und: du kannst auch für andere da sein, du wirst gebraucht, kannst andere bereichern durch deine Begabungen und Verantwortung übernehmen.

Zum Beispiel für die kostbare Ressource Wasser.

Weltweit ist der Zugang zu sauberem Wasser zu einer Überlebensfrage geworden. Dazu müssen die Staaten der Weltgemeinschaft von uns neu an ihre Verantwortung erinnert werden, nicht mehr und mehr die Bereitstellung von Wasser in die Hände von wenigen großen Konzernen zu geben. Damit das öffentliche Gut „Wasser“ nicht zu einer Handelsware wird, die sich die Ärmsten nicht mehr leiten können.

Dazu braucht es einen neuen Geist des Teilens und der schöpferischen Ideen.

So spricht Gott: „Ich will Wasser gießen auf das Durstige und Ströme auf das Dürre. Ich will meinen Geist auf meine Kinder gießen und meinen Segen auf deine Nachkommen.“ (Jesaja 44,3)

In nahezu jeder Kirche in Deutschland findet man eine Orgel. Auch bei uns in der Kreuzkirche begrüßt und verabschiedet uns der Klang der Orgel zu jedem Gottesdienst, leitet unseren Gesang, führt uns zur Stille und erinnert uns an die „unsichtbare Dimension“ unseres Lebens.

Manche denken bei Orgelklängen an den Hochzeitsmarsch zu ihrer Trauung, andere werden an Beerdigungen und schmerzliche Erfahrungen erinnert. Jugendliche wünschen sich in der Kirche eher rockige Klänge, doch auch in der Popmusik ist ein Keyboard, die moderne Schwester der alten Orgel, nicht wegzudenken.

Ich finde, in der Vielfalt der Töne und Klangfarben einer Orgel spiegelt sich die Verschiedenartigkeit und Vielfalt unserer menschlichen Erfahrungen. Sie alle haben in einer Gemeinde ihren eigenen Platz. Und die Musik hilft unserer Seele, Trauer nicht herunterschlucken zu müssen und die glücklichen Stunden nicht selbstverständlich hinzunehmen. Unser Dank und auch unsere Verzweiflung, unsere Fragen und auch Missklänge, sie alle finden Gehör – Gehör bei Gott, sagen wir Christen. Das befreit!

Dazu helfen uns die Orgel, die Musik und unsere Lieder.

„Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ (Psalm 103, Vers 2)

So besingen wir die bunte Vielfalt der Schöpfung und der menschlichen Erfahrungen.

Wofür danken Sie ganz persönlich? Was möchten Sie an Gutem in Ihrem Leben nicht vergessen, gerade auch wenn Sie Schweres durchmachen mussten?

Lassen Sie sich mit hinein nehmen in einen Chor aus vielen Stimmen, begleitet von vielen Orgelpfeifen, wenn unsere Organistinnen und Organisten alle Register ziehen. Lassen Sie sich hinein nehmen in die Gemeinschaft von Menschen, die sich am Wechsel der Jahreszeiten freuen und hoffen und beten und kämpfen, dass der Raubbau an der Schöpfung nicht weitergeht und das Klima im Gleichgewicht bleibt.